Illersteg Kempten
„Die überaus intelligente Verknüpfung der Materialien Stahl, Holz und Karbonbeton und die Systembauweise können überzeugen. Das Projekt stellt einen gänzlich neuen Ansatz dar und wäre von daher in dieser Form einzigartig.“ (Zitat Jury)
Ein Katzensprung über die Iller. In einer flüssigen Bewegung und ohne Anstrengung führt der neue Steg Fußgänger und Radfahrer auf direktem Weg von Ufer zu Ufer. Die tragenden Elemente sind auf das Wesentliche reduziert. Ein schwungvoller Stahlkörper und ein hölzerner Überbau bilden den Brückenkorpus. Elementiert und wiederzerlegbar, eine formale Einheit bildend, wirken Stahl und Holz gemeinsam und ergänzen sich in ihren Eigenschaften. Der Materialeinsatz ist auf das Notwendige reduziert. Die Formensprache entspricht diesem Gedanken durch einfache Eleganz.
Der neue Steg über die Iller nimmt die ursprüngliche Position des Bestandssteges, als die sinnfällige Fortführung des Jahnweges auf. Mit der geforderten lichten Breite von 6,50 Metern wird eine großzügige und begreifbare Verbindung geschaffen. Es wurde auf eine aufstrebende Konstruktion verzichtet. So bleibt der Blick frei auf die umgebenden stadträumlichen Bezüge und die wunderschöne Fluss- und Uferlandschaft.
Der Illersteg ist als schlanke, teileingespannte Holz-Stahl-Hybridkonstruktion entworfen. Das Haupttragwerk wird als teileingespannter Zweifeld-Durchlaufträger aus einem mittig angeordneten Stahlhohlkasten mit einer Mittelstütze und monolithischen, und somit biegesteifen Verbindungen an die Widerlager ausgebildet. Dabei wird die Einspannung des Überbaus erst nach erfolgtem Ausbau des bis dahin nur aufgelegten Brückendecks realisiert, so wird der Träger nur für den Verkehrslastanteil eingespannt. Die Ausformung des Hauptträgers folgt dem Biegemomentenverlauf: sowohl Bauhöhe als auch Trägerbreite und die Gurtblechdickenabstufung variieren entsprechend der über die Länge lokal veränderlichen statischen Beanspruchungen. Der Brückenträger ist auf einer Mittelstütze aufgelegt, wodurch wirtschaftliche Spannweiten von 29 und 39 Metern entstehen.
Die Materialienauswahl der Bauteile für den Illersteg erfolgt nach den spezifischen Kriterien der Eignung, der Leistungsfähigkeit sowie unter Berücksichtigung einer möglichst ausgeglichenen Ressourcen- und Emissionseffizienz. Für den Brückenkörper wird eine Konstruktion vorgeschlagen, die auf der Ebene der Bauelemente sowie des Materials, den Anforderungen der Kreislauffähigkeit gerecht wird. Dies erfolgt über die Wiederverwendbarkeit (oder kaskadische Weiterverwertung) des Stahlhohlkasten und schließlich Rückführung in den technischen Kreislauf, sowie die Wiederverwendbarkeit der Brettschichtholz-Kragarme sowie der Brettsperrholz-Deckplatte und schließlich (nach langer Nutzungsdauer), deren thermische Verwertung.
Die drei wesentlichen Materialien: Stahl, Holz, Carbonbeton sind konsequent entsprechend ihrer spezifischen Funktion und Leistungsmerkmale gezielt eingesetzt und so zum Bauwerk verbunden, dass Wartung, Austausch und Entfügbarkeit nach Nutzung („End-of-Life“) einfach möglich sind.
Bauherr: Stadt Kempten
Planung und Realisierung: 2023-25
Wettbewerb 2023, 1. Preis
Kooperation: knippershelbig Ingenieure, Stuttgart